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Paul Klee Engel Vom Stern

So zeigen Paul Klees Engel auch mir: Die Schöpfung ist immer noch im Gange. Und in ihr sind es Gottes Menschenkinder, die noch im Werden sind. Auch ich gehöre dazu: Mit bald 60 Jahren bin ich immer noch ein unfertiger Mensch. Es hat Zeiten gegeben, da war ich sehr ungeduldig mit mir selbst. Heute bin dankbar: Auch ich bin einer im Werden. Und noch immer arbeitet Gott der Schöpfer an mir. Diesen hoffnungsvollen Blick – nicht nur auf mich selbst – haben mir die Engelbilder von Paul Klee beigebracht. Es gilt das gesprochene Wort.

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Klees Engel – obwohl zum grössten Teil Zeichnungen – gehören heute zu den beliebtesten Werken des Künstlers. Sie sprechen nicht nur Kunstliebhaber an, sondern haben auch als poetische Lebenshelfer eine hohe Popularität gewonnen. Als geflügelte Mutanten, halb Mensch halb Himmelsbote, repräsentieren sie eine Übergangsform zwischen irdischer und überirdischer Existenz, die sowohl dem modernen Skeptizismus, als auch dem Bedürfnis nach Spiritualität entgegen kommt. Die meisten der rund 80 Engel sind in Klees letzten Lebensjahren (1938–40) entstanden. Sie sind Ausdruck von Klees damaliger Lebenssituation und zugleich charakteristische Beispiele für den minimalistischen Zeichenstil seines Spätwerkes. Zu diesem Kernbestand kommen einige frühere Beispiele, wie etwa der berühmte Angelus novus von 1920 aus der Sammlung des Israel Museum, das wohl legendärste Werk von Paul Klee und zugleich eines der berühmtesten Bilder der Kunst des 20. Jahrhunderts überhaupt. Ausserdem gibt es neben den Zeichnungen eine Gruppe hochkarätiger farbiger Arbeiten.

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Für ihn liegt zwischen irdischer Welt und höchsten geistigen Welten eine Zwischenwelt. Und Klee ist überzeugt, da Einblick zu haben. Er selbst spricht vom "Reich der Ungeborenen und der Toten, das Reich dessen, was kommen kann, kommen möchte, aber nicht kommen muss, eine Zwischenwelt" (Boris Friedewald, Die Engel von Paul Klee. DuMont-Verlag 2013, 7. Auflage, Seite 38). Das ist nicht mysteriös. Eine Welt des Möglichen – das leuchtet mir ein. Das noch nicht Erschaffene, das Reich des Ungeborenen, der potenziellen Möglichkeiten eines Lebens. In der Bibel (1. Joh. 3, 2) heißt es: Kinder Gottes sind wir; es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Das ist ein Blick, der mich im Herzen berühren kann: Ich als Individuum darf mich sehen in Beziehung zu Gott. Das meint die Bibel, wenn sie vom 'Kind Gottes' spricht: Ich darf mich sehen als ein Geschöpf des Schöpfers. Und seine Schöpfung dauert immer noch an, auch in mir. Ob ich einsam oder gesellig bin, ob ich ein schwaches oder starkes Ego habe, ob ich unglücklich oder glücklich bin – ich lasse es mir und meinen Mitmenschen gesagt sein: Es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.

Engel regen unsere Phantasie von kleinauf an, das Christkind und seine Himmelswesen gehen im Verlaufe eines Lebens mannigfache Metamorphosen ein. So auch beim Maler und Grafiker Paul Klee. Sie haben ihn ein Leben lang begleitet und nicht mehr losgelassen. Als 5-jähriger Knirps zeichnete Paulchen, wie er von seinen Eltern genannt wurde, bereits ein Christkind mit Engelsflügeln, und im Laufe seines irdischen Daseins sollten noch über 80 Engelbilder folgen, viele von ihnen zwischen 1938 und seinem Todesjahr 1940 im Angesicht des heraufkommenden Zweiten Weltkriegs entstanden, anmutig die einen, grotesk, witzig bis fratzenhaft andere. Paulchens Engel-Christkind mit geschmücktem Tannenbaum und einer Eisenbahn, 5-jährig, 1884 Luzifer oder der Teufel sind nicht weit, ein diabolisches Wechselspiel zwischen Angst und Zweifel, Sarkasmus und Heiterkeit beflügeln die himmlischen Wesen. Es sind unfertige, unvollkommene Geschöpfe mit Macken und Kanten, wie sie in der Geschichte der Kunst noch nie gemalt wurden.