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Der Abschied von ihm war der erste große und der vielleicht schwerste Abschied meines Lebens. Ich war 13, als er unerwartet starb. Ich hätte ihn gern noch länger an meiner Seite gehabt. Wie er mein Leben heute sehen würde, frage ich mich jetzt, wo ich auf der Zielgerade meines Lebens bin. Ich bin sicher, er wäre stolz. Aber er musste mich unfertig zurücklassen. Der frühe Entzug meines Vaters, seines Schutzes, hat mich aber auch zu der gemacht, die ich heute bin. Haben Sie wichtige Entscheidungen in Ihrem Leben eher aus dem Bauch heraus getroffen oder mit dem Kopf? Immer mit dem Bauch. Christine Westermann | Aktuelles | Wie geht man mit einem Buch um?. Die Lust auf Erfahrungen habe Sie angetrieben, steht in dem Buch. Ist sie gestillt oder ist sie noch da? Wo sehen Sie Herausforderungen? Keine Ahnung, ich erkenne sie, wenn sie da sind. Ich bin eine Abenteurerin, ich will nicht stehend einschlafen. Nichts macht einen Menschen lebendiger, als wenn er sich zeigen, sich bewegen muss. Zum Beispiel im Literarischen Quartet, der Literatursendung des ZDF? Ja, es ist eine Herausforderung, Debatten um Bücher auszuhalten, nicht beleidigt zu reagieren.
Wer oder was hat Ihnen in Ihrem Leben Halt gegeben? Halt habe ich oft in mir selbst gefunden. Aber auch in vielem, was ich gelesen habe. Und in anderen Menschen. Ich hatte ein sehr starkes Band zu meinem Vater. Halt gaben mir Freund*innen, Gespräche, Therapeut*innen, Achtsamkeitslehrer*innen. Es ist eine schöne Mischung gewesen, sie ist es immer noch. Sie konnten Ihre verschiedenen Talente leben: Journalistisch arbeiten, Menschen treffen, Interviews führen, Bücher lesen und darüber sprechen. Halten Sie sich für beschenkt oder sehen Sie sich vor allem als Ihre eigene Glückes Schmiedin? Ich bin sehr beschenkt. Ich bin dankbar für das, was in meinem Leben bislang passiert ist. Ich habe einen sehr starken Kinderglauben und fühle mich, seit ich denken kann, beschützt und behütet. Das Gefühl habe ich auch in schlechten Zeiten nicht verloren, schlechte Zeiten gehören genauso dazu wie die guten. Nur wer auf einem Gipfel angekommen ist, weiß, wie tief ein Tal sein kann. Die Täler sind aber nicht mehr so tief, wenn man älter wird.